Es ist passiert. Ich habe den Schritt gewagt. Mein erstes Mal Uwe Boll.

Kaum ein Regisseur hat es in den letzten 15 Jahren geschafft so gehasst zu werden wie Uwe Boll. Regelmäßig führt man ihn als den schlechtesten Regisseur aller Zeiten an und seine Filme sind konstante Nullnummern auf IMDb oder Rotten Tomatoes. Es wirkt so als würde er kollektiv von Journalisten und Filmfans als personifiziertes Böses wahrgenommen. Ich persönlich kannte ihn bisher nur aus ein paar Interviews und als eine Art Urban Legend. Ich möchte daher auch die gewagte These aufstellen, dass sich die Kritik an den Filmen mittlerweile verselbstständigt hat. Kaum jemand gibt sich noch die Blöße seine Filme nicht abstoßend und abscheulich zu finden. Es wurde also höchste Zeit für einen Selbstversuch. Das ist also der Bericht zu meiner Boll-Entjungferung. Spoiler: Er war nicht zärtlich.

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Zuerst hat sich natürlich die Frage gestellt womit ich in die Materie eindringe. Also wofür wird er am Meisten gehasst? Wohl für seine lange Liste an Videospiel-Verfilmungen. Also prinzipiell ein Thema, das mir liegt und für das ich mich begeistern kann. Mein erster Stoß in die Welt des Uwe Boll sollte also Far Cry aus dem Jahr 2008 sein.

Vorne weg sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass ich Far Cry 1 selbst nicht gespielt habe, und daher auch nicht genau weiß wie nah die Filmumsetzung am Spiel ist, aber ich bin schlichtweg so frei und übergehe das Thema, denn soweit ich es beurteilen kann ist es für den Film wenig relevant.

Ähnlich irrelevant für den Film ist auch die Story. Denn die beschränkt sich auf das Wiedergeben von Actionfilm-Klischees. Der Held, Jack Carver, übrigens gespielt von Till Schweiger, arbeitet nachdem er aus der Armee ausgestiegen ist als Skipper. Er wird dann zufällig von der Nichte eines ehemaligen Kameraden angeheuert um sie auf eine vom Militär abgeriegelte Insel zu bringen, wo sie sich mit eben diesem Onkel treffen will um Informationen über das geheime Forschungsprogramm zu bekommen, das sie als Journalisten  natürlich aufdecken will und das auf dieser Insel im Gang zu sein scheint . Es kommt wider Erwarten zu Komplikationen und Jack geht mit ihr an Land. Damit haben wir eine Rettungsmission gewürzt mit einer Extra-Portion genetisch veränderter Super-Soldaten, einem verrückten Wissenschaftler, einer emotionslosen Söldner-Anführerin sowie einem stereotyp, amerikanischen  Army-Kommandanten. Soweit so egal. Aber das muss ja noch nichts heißen. Mit der richtigen Portion Ironie und gut platzierten Übertreibungen könnte dabei noch eine gute Persiflage oder wenigstens ein fesselnder Action-Hit draus werden. Leider scheint der Film beides zu versuchen was dazu führt, dass nichts so richtig zündet.

Zwar hatte ich ehrlich Spaß an den Actionszenen, egal wie dumm sie auch waren, einfach weil sie so schön überzogen daher kommen. Wer komplett spoilerfrei in den Film gehen will – wieso auch immer –  der sei jetzt gewarnt, ich werde eine Szene näher beschreiben, einfach weil sie zu geil ist um sie euch vorzuenthalten. Im ersten Drittel des Films wird Valerie, die Nichte des mittlerweile festgenommenen Soldaten Max, der wiederum ein alter Kamerad von Jack ist, von dem Söldnertrupp des Professors festgenommen und in ein Auto gesperrt. Jack rettet sie und es kommt zu einer Verfolgungsjagd, die darin gipfelt, dass Jack´s Auto Feuer fängt, was ihn nicht weiter zu beunruhigen schient, und Valerie vom Kofferraum aus Versehen mit einen Grapling-Hock auf einen Helikopter schießt. Es kommt wozu es kommen muss. Der Enterhaken bohrt sich in den Hubschrauber und die Hubschrauber-Auto-Kombi hebt zusammen ab, fliegt über die Klippe und stürzt, untermalt von schrecklichem CGI ins offene Meer. Enough said.

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Szenen wie diese sorgen dafür, dass mich der Film bei der Stange hält. Durch die so extrem überzogene Obskurität dieser Szenen persifliert der Film die Absurdität des Action-Genres on point. Schade nur, dass in den allermeisten anderen Szenen die Klischee-Actionfilm-Charakere versuchen Emotionen auszulösen. Aber weder die total dumme Liebesgeschichte zwischen Jack und Valerie, noch die aufgesetzte herzlose Brutalität der Anführerin der Söldnertruppe löst irgendetwas aus. Noch weniger funktionieren nur Macho-Allüren von Jack. Die einzige Ausnahme bildet aber der Professor, der wie die Action-Szenen extrem überzogen und wahnsinnig dargestellt wird, was in den ersten 2 Dritteln des Filmes wahnsinnig gut funktioniert, wenn er auch auf einer anderen Ebene wie der Rest des Films zu sein scheint. Im letzten Drittel verliert er ein wenig von seiner Identität und wird in der Schlussszene schließlich komplett zur belanglosen Randerscheinung.

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Der Film hat also durchaus Ansätze eines durchaus vielversprechenden Actionfilms, der sich selbst nicht so bierernst nimmt und die Absurdität in den Mittelpunkt stellt. Leider beißt sich der Hund damit selbst in den Schwanz. Einerseits versucht er mehr zu sein als ein plumper Actionfilm, andererseits ist er zusammengebaut aus den Bausteinen, die einen plumpen Actionfilm ausmachen, wodurch er eben immer wieder zu einem plumpen Actionfilm wird. Speziell die stereotypen Nebencharaktere nerven größtenteils und machen manche Szenen verbunden mit dem, gerade in langsamen Abschnitten miserablen Timing, nur schwer zu ertragen. Ein kleiner Lichtblick ist der gar nicht mal so schlechte Till Schweiger, den ich nach den meisten seiner eigenen Filme viel stärker verabscheut habe als nach Far Cry.

Wie war also diese aufregende Nacht mit Uwe Boll? In mancher Hinsicht war es eine Erfahrung die ich nicht missen möchte, die mich aber nicht vollends befriedigen konnte. Ich gebe ihm aber wahrscheinlich noch eine zweite Chance, den ich glaube schon, dass das Potential für eine geile Nacht da wäre.

IMDb: 3,1 von 10
Rotton Tomatoes: 2,248 von 10

Bilder: DVD