Der Tod ist gewiss. Die Art der Bestattung hingegen nicht. Weltweit werden neue Strategien gesucht um Verstorbene möglichst platzsparend und dennoch würdevoll ruhen zu lassen. In Österreich und Deutschland kämpft man währenddessen mit freien Flächen auf den Friedhöfen

Franziska Amann, Alexander Fomin, Mario Moser und Veronika Schlecht

In Städten wie Sydney, New York City und Jerusalem, Staaten wie Großbritannien und Japan wird seit einigen Jahren Alarm geschlagen. Bei Studien und Untersuchungen wurde ermittelt, dass der Platz auf Friedhöfen zu wenig wird. Trotz der Zunahme von Feuerbestattungen gehen die vorhandenen Flächen zur Neige. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte braucht es neue Konzepte, die zukunftsweisend für das Bestattungswesen und die jeweilige Gedenkkultur sind.

Sonderfall Wien

Die Toten sind in Wien schon lange in der Überzahl. Allein der Wiener Zentralfriedhof birgt die letzte Ruhe für über 3 Millionen Tote. Wien gilt als versessen mit  dem Tod. Egal ob Wolfgang Ambros singt “Es lebe der Zentralfriedhof” oder es in Georg Kreislers Wienerlied heißt ” Der Tod, das muss ein Wiener sein”, Sterben und Tod scheint den Wienern lieber zu sein als mancher Lebende. Der Verwalter des Zentralfriedhofes Ing. Andreas Kals sieht dies im Interview kritisch. Das Interesse an der Grabpflege und regelmäßiger Grabbesuche nehme Jahr für Jahr, besonders bei Jüngeren, ab.

Hingegen nimmt seit den 1990er Jahren die Wiener Bevölkerung mehr oder weniger rapide zu. Um das Jahr 2025 werden laut Prognosen der Statistik Austria wieder zwei Millionen Menschen in Wien leben. Eine Zahl, die seit  Beginn des ersten Weltkrieges nicht mehr erreicht wurde. Trotz des Bevölkerungszuwaches und dem zunehmend steigendem Durchschnittsalter werden die Plätze auf Wiens 46 Friedhöfen nicht rar. Diese werden von der Friedhöfe Wien GmbH verwaltet, die zu den Wiener Stadtwerken gehören. Auch die Anzahl der Todesfälle unter den WienerInnen bleibt seit Jahren konstant. Viel mehr gibt es immer größer werdende Brachflächen innerhalb der Friedhofsmauern, sogenannte Überhangflächen.


Nutzung von Überhangflächen

Überhangflächen sind ehemalige Grabflächen, die mit der Zeit nicht mehr benötigt wurden und dementsprechend neu und unkonventionell genutzt werden können. Auch Flächen, die im vorigen Jahrhundert vorsorglich zu Friedhofsflächen umgewidmet wurden, jedoch nie als solche verwendet werden mussten, zählen dazu. Dieses Problem kommt vor allem im deutschsprachigen Raum vor. Auf der Fläche des Zentralfriedhofes konnten daher in den letzten Jahren der Urnenpark und der Waldfriedhof entstehen, die aufgrund der Nachfrage bereits erweitert wurden. Auch Parkanlagen innerhalb der Friedhöfe sind eine Möglichkeit diese Flächen zu nutzen. Somit ist der Friedhof auch Teil des öffentlichen und alltäglichen Lebens.

Services der Friedhöfe Wien

Die primäre Aufgabe der Friedhöfe Wien GmbH ist eine würdevolle Bestattung von 14 000 verstorbenen WienerInnen pro Jahr. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden bieten die Friedhöfe Wien eine Vielzahl von Bestattungsformen an, um jeder/m die bevorzugte Art der letzten Ruhe zu ermöglichen.

Neben den klassischen Sarggräbern bieten die Wiener Friedhöfe auch die Möglichkeit der Urnenbestattung an. Das ist notwendig, denn die Anzahl der Feuerbestattungen steigt in Österreich stetig an. So entscheiden sich in Westösterreich bereits 70 Prozent  für eine Feuerbestattung. Im Osten Österreichs und in Wien lassen sich nach Ing. Kals nur 30 Prozent der Menschen in einer Urne beisetzen. Dennoch ist ein Trend zur Feuerbestattung erkennbar. Daher bieten die Friedhöfe Wien verschiedene Bestattungsarten an: Urnengräber, Urnengrüfte, Urnenwandnischen und Gemeinschaftsgrabanlangen wie den Urnenpark, den Urnengarten sowie den Waldfriedhof.

Neben der Grabzuteilung ist eine weitere wichtige Aufgabe der Betriebsgesellschaft die Betreuung der Grabstätten. Für diese Aufgabe beschäftigen die Friedhöfe Wien GärtnerInnen, die sich der Grabstellenpflege widmen und haben eine eigene Steinmetzwerkstatt. Wer auf dem großzügigen Friedhofsgelände den Überblick verliert, hat online mit dem Tool „Verstorbenensuche“ die Möglichkeit Verstorbene ohne Probleme zu finden.

Flächennutzung am Wiener Zentralfriedhof

Wir haben mit Ing. Andreas Kals, Verwalter und Prokurist des Wiener Zentralfriedhofes, über die Entstehung von Überhangflächen und deren Nutzung gesprochen.

Das Video ist leider nicht mehr verfügbar. Foto von @KYNASTUDIO via Twenty20

Ein erfolgreiches Bestattungskonzept in Deutschland und Österreich ist die Wiederverwendung der Gräber nach einiger Zeit. Dies kann im Rahmen eines Familiengrabes passieren, indem nach und nach Menschen bestattet werden. Oder wenn ein Grab nach Verwesung des Leichnams aufgelöst wird. Öffentliche Friedhöfe sind daher meist gut erhalten und kein Ort, um alte, verwachsene Gräber zu finden.

Neue Bestattungskonzepte aufgrund des Flächenmangels

In anderen Ländern, zum Beispiel Großbritannien, wurden Gräber kaum wiederverwendet. Daher müssen dort Wege gefunden werden, mit dem Platzmangel umzugehen. Das Konzept Hochhäuser als vertikale Friedhöfe zu verwenden, findet großen Anklang. In Tel Aviv wird derzeit ein Gebäude gebaut indem es 250 000 Plätze für Verstorbene geben wird. In Jerusalem hingegen werden Tunnelkomplexe gebaut, um die Verstorbenen ruhen zu lassen.

In Städten wie Tokio und Hong Kong gibt es High-Tech Lösungen für die Bewahrung von Urnen. In Hong Kong können Urnen auf einer schwimmenden Insel untergebracht werden. In Tokio können moderne „Taubenschläge“ mithilfe einer elektronischen Zugangskarte betreten werden, während simultan die Asche zum aktiven Gedenken aus einem Archiv geborgen wird.

Private Unternehmen wie Celestis oder Elysium Space ermöglichen sogar Bestattungen im All. In manchen Staaten der USA und Kanada wird die Resomation (auch alkalische Hydrolyse) praktiziert. Hier wird der Körper von Verstorbenen in einem chemischen Prozess in ein weißes Pulver verwest.

Diese Lösungen funktionieren meist temporär. Nach der Zeit des aktiven Gedenkens müssen die Überreste der Verstorbenen dennoch in der Erde bestattet werden. Daher ist eine Symbiose der modernen Gedenkorte und das Wiederverwenden der Gräber die sinnvollste Möglichkeit.